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Einstieg in die Patientenaufklärung

Hier finden Sie Basisinformationen, die Sie bei der Durchführung des Aufklärungsgesprächs mit Patient*innen unterstützen sollen. Wir haben diese kurz und knapp für Sie zusammengefasst:

Lehnen Patient*innen nach dem Aufklärungsgespräch die vorgeschlagene medizinische Maßnahme ab oder widerrufen Ihre Einwilligung später, müssen Ärzt*innen sie sehr eingehend über die sich daraus ergebenden möglichen gesundheitlichen Folgen aufklären. Dies sollte dann in der Rubrik "Ärztliche Anmerkungen/Vermerke" dokumentiert und die Ablehnung durch Unterschrift der Patient*in bestätigt werden.

Stehen bei einer Erkrankung mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen der Patient*innen führen oder unterschiedliche Risiken oder Erfolgschancen haben, müssen Ärzt*innen sie über alternative Behandlungsmöglichkeiten (sog. echte Behandlungsalternativen), deren Risiken, Erfolgsaussichten, Heilungschancen und Folgen unterrichten.

Die Aufklärungsbögen dienen der Vorbereitung, Entlastung und Dokumentation des Aufklärungsgespräches. Sie können das persönliche Gespräch zwischen Ärzt*in und Patient*in nicht ersetzen. Ein bloßer Verweis auf das Lesen des Aufklärungsbogens reicht nicht. Auch bei der medikamentösen Therapie müssen Ärzt*innen ihre Patient*innen rechtzeitig und vollständig über Risiken, Nebenwirkungen, Unverträglichkeiten, Alternativen und Umfang der Medikation informieren. Allein ein Verweis auf die Erläuterungen im Beipackzettel reicht nicht aus.

Eine Delegation des Aufklärungsgespräches an ärztliche Kolleg*innen ist möglich, wenn diese über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügen. Eine Delegation an nichtärztliches Personal ist unzulässig. Bei einer Delegation der Aufklärung an in Weiterbildung stehende Assistenzärzt*innen sollte sich die Ärzt*in zuvor vom jeweiligen Ausbildungsstand überzeugen und dies durch Stichproben regelmäßig überprüfen und dokumentieren.

Die Einwilligung von Patient*innen gilt grundsätzlich nur für solche Eingriffe, die auch Gegenstand des Aufklärungsgespräches waren. Über mögliche vorhersehbare Erweiterungen sind Patient*innen ebenfalls aufzuklären.

Bei Patient*innen, die die deutsche Sprache nicht ausreichend verstehen, müssen Dolmeterscher*innen bzw. eine Person, die in der Lage ist, zu übersetzen, hinzugezogen werden. Dies muss nicht immer vereidigte Dolmetscher*innen sein; möglich ist auch, dass Familienangehörige, Freund*innen der Patient*innen oder Mitarbeitende der Klinik oder Praxis übersetzen. Der Name des Übersetzenden sollte in jedem Falle auf dem Aufklärungsbogen vermerkt werden. Diese sollte ebenfalls unterschreiben.

Minderjährige Patient*innen können bereits so einsichtsfähig sein, dass sie selbst in eine medizinische Maßnahme einwilligen können. Minderjährige Patient*innen ab einem Alter von 14 Jahren sollten regelmäßig in die Patientenaufklärung einbezogen werden. Die Einwilligungsfähigkeit ist nicht identisch mit der Geschäftsfähigkeit, die nötig ist, um Verträge zu schließen. Gegebenenfalls sind also auch der minderjährige Patient*innen selbst aufzuklären, daneben außerdem auch ein oder beide Elternteile. Aus Beweisgründen sollte man in jedem Fall schriftlich dokumentieren, warum man Minderjährige für einwilligungsfähig hält oder nicht.

In Notsituationen, z.B. bei bewusstlosen oder schwer geschockten Patient*innen, ist ein vorheriges Aufklärungsgespräch meist nicht möglich. Begleitende nahe Angehörige sollten aber einbezogen und informiert werden. Patient*innen sollten nachträglich, in üblicher Weise über die erfolgte Behandlung und deren Folgen aufgeklärt werden.

Die Häufigkeitsangaben "selten", "sehr selten" u.ä. für genannte Komplikationen/Risiken geben nur eine allgemeine Einschätzung der Autor*innen wieder, die einen lege artis durchgeführten Eingriff von erfahrenen Ärzt*innen betreffen. Sie entsprechen nicht den statistischen Angaben für Nebenwirkungen von Medikamenten in Beipackzetteln. Ärzt*innen muss bei Häufigkeitsangaben die individuellen Besonderheiten von Patient*innen im Aufklärungsgespräch berücksichtigen.

Bis auf ganz wenige Ausnahmen (zum Beispiel Untersuchungen nach dem GenDG) ist eine schriftliche Aufklärung mit der Unterschrift von Ärzt*in und Patient*in keine Voraussetzung für eine wirksame Aufklärung.
Für den Nachweis des persönlichen Aufklärungsgespräches mit Patient*innen ist eine schriftliche Dokumentation aber ein wesentliches – oft das einzige - Beweismittel.

Je weniger dringlich und notwendig der Eingriff ist, desto höher sind die Anforderungen an die ärztliche Aufklärungspflicht.

Der Aufklärung bedarf es nicht, wenn Patient*innen ausdrücklich darauf verzichtet haben. Ein Aufklärungsverzicht sollte besonders sorgfältig dokumentiert werden.

Bei einer Wiederholung oder Verschiebung der Maßnahme gilt: Ist Patient*innen das erste Gespräch noch in Erinnerung, müssen sie nicht noch einmal aufgeklärt werden. Patient*innen sollte die erste Einwilligung aber mit ihrer Unterschrift noch einmal schriftlich bestätigen. Wichtig ist, dass das aktuelle Datum vermerkt ist.Bei einer Wiederholung oder Verschiebung der Maßnahme gilt: Ist Patient*innen das erste Gespräch noch in Erinnerung, müssen sie nicht noch einmal aufgeklärt werden. Patient*innen sollte die erste Einwilligung aber mit ihrer Unterschrift noch einmal schriftlich bestätigen. Wichtig ist, dass das aktuelle Datum vermerkt ist.

Patient*innen haben nach erteilter Einwilligung jederzeit das Recht, diese zu widerrufen.

Die Aufklärung muss so rechtzeitig erfolgen, dass Patient*innen sich noch frei und ohne Zeitdruck für oder gegen einen Eingriff entscheiden können. In der Regel ist das nicht mehr der Fall, wenn Patient*innen bereits stationär aufgenommen wurden und der Eingriff kurz bevor steht oder die Patient*in sogar schon Beruhigungsmittel erhalten hat.
Bei größeren Eingriffen ohne Dringlichkeit bzw. mit längerer Vorbereitungsphase sollte die Aufklärung Tage oder Wochen vorher erfolgen. Falls sich in der Zeit zwischen dem Aufklärungsgespräch und dem Eingriff dann Änderungen, z.B. der Operationsplanung oder im Gesundheitszustand der Patient*in ergeben, muss dies im bereits ausgefüllten Aufklärungsbogen in der Rubrik „Ärztliche Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch“ mit dem aktuellen Datum und der Unterschrift der Ärzt*in vermerkt werden.
Aus Beweisgründen ist dringend zu empfehlen, dass Ärzt*innen deutlich machen, dass diese Ergänzung nach dem ersten Aufklärungsgespräch erfolgt ist.


Urteile und Empfehlungen der aktuellen Rechtsprechung

 

In einem Urteil des OLG Nürnberg vom 30.04.2015, Az.: 5 U 2282/13, werden (u.a.) die in standardisierten Aufklärungsbögen beschriebenen Angaben zu Häufigkeiten von Risiken (selten, sehr selten, usw.) geprüft.
Im Tenor des Urteils heißt es, dass sich die Häufigkeitsangaben in Aufklärungsbögen an den Definitionen des Medical Dictionary for Regulatory Activities (MedDRA), die in Medikamenten-Beipackzetteln Verwendung finden, zu orientieren haben. Eine hiervon abweichende Beschreibung könne, so das Gericht, eine verharmlosende Risikoaufklärung darstellen.

Eine Stellungnahme der medizinischen Fachgebietsherausgeber*innen und der juristischen Herausgeber*innen/ Berater*innen finden Sie hier.
 

Grundsätzlich müssen Patient*innen über den Verlauf des Eingriffes, die Erfolgsaussichten, Risiken und mögliche echte Alternativmethoden aufgeklärt werden - auch bei diagnostischen Eingriffen. Mitunter kann es aber schwer sein, die Erfolgsaussichten diagnostischer Eingriffe anzugeben. Dieser Problemstellung widmet sich Dr. jur. Schwerdtfeger, juristischer Berater bei Thieme Compliance, anhand eines Urteils des OLG München.

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Ein Interview mit Dr. jur. A. Wienke zum Thema "Grundsätze der individualisierten Aufklärung". Dr. Wienke spricht darüber, was ist bei der Individualisierung der Patientenaufklärung zu beachten ist, in welchem Rahmen sie erfolgen sollte und welche Konsequenzen es nach sich ziehen kann, wenn nicht ausreichend individuell aufgeklärt wird.

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